Spannendes zwischen 1910 und 1912
Mitte November 1910 wurde in Leipzig im Neubau des Handelshofes eine einwöchige Ausstellung unter dem Titel „Electrizität im Haushalt“ mit dem Schwerpunkt Heiz- und Kochapparate gezeigt. Man exponiert in unterschiedlich eingerichteten Räumlichkeiten eines Wohnhauses passendes Elektrogerät in Funktion. Die ETZ berichtete: „Der Besuch war so stark, daß die Eingänge wegen Überfüllung zeitweise geschlossen werden mußten“.
Dieses ist der Funke, der im folgenden Jahr ein Feuerwerk in dem Bereich der Elektrowärme entzündete und Georg Dettmar, seines Zeichens Generalsekretär des VDE, nahm sich der Sache persönlich an.
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Da die Elektrizitätswirtschaft nun die privaten Haushalte zwecks Verwertung der neu geschaffenen Versorgungsnetze über das elektrische Licht hinaus erobern wollte, rief man im Jahr 1911 die Gesellschaft für Elektrizitätsverwertung mit Sitz in Berlin, Potsdamer Strasse 68, ins Leben. Die sogenannte GEFELEK verteilte vielfältige Drucksachen - hauptsächlich gegen die Konkurrenz der Gasindustrie - und beauftragte unter anderem den berühmten Filmpionier Oskar Messter mit der Erstellung eines Werbefilmes. Das Motto lautete: „Alles elektrisch“.
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AEG Verschlussmarke | | Diverse Werbemarken |
Zudem wurde eine „aufklärende“ Schrift im Springer Verlag mit dem Titel „Die Elektrizität im Haushalt“ gedruckt, die auf 34 Seiten die Gefahren von offenem Feuer eingehend darstellt und sich dabei vieler Abbildungen von Kindern bedient.
Der Leitsatz lautete dazu: „Wo Kinder sind - nur elektrisches Licht“.
Gleich ums Eck der GEFELEK, in der Lützowstrasse 110, bildete sich im selben Jahr die „Vereinigung der Fabrikanten elektrischer Heiz- und Kochapparate“. Die später zur VES (Vereinigung elektrotechnischer Spezialfabriken) wurde und letztendlich in der noch heute existierenden ZVEI aufging. Leider ist nichts über das Engagement aus der Gründungszeit dieses Zusammenschlusses bekannt.
Propaganda GEsellschaftFürELEKtrizitätsverwertung
Die HUKA des VDE
Dem VDE lag Anfang des Jahres 1911 ein Antrag zur Erstellung einer Kommission vor, die z.B. Normalien für Anschlüsse der Haushaltsgeräte zum Schutze der Verbraucher erstellen soll. Am 04. Mai wurden seitens des VDE fünf Fabrikanten von elektrischen Haushaltgeräten angeschrieben, um ihrerseits einen Referenten für die zu gründende Kommission zu benennen. Elektra (Lindau) stellte Emil Scholer, die AEG A.Steinhardt, Direktor der Abteilung Heizapparate, Helberger sich selbst, Therma Friedrich Brendel und Prometheus ihren neuen Generalvertreter Ernst Richard Ritter zur Wahl. Ritter hielt 1908 einen „Jubiläumsvortrag“ zum Thema, der ihn bis zu seinem Grabe begleitete, im VDE Karlsruhe und siedelte 1909, zuvor tätig als Generalvertreter für die Brown, Boverie und Cie in Mannheim, nach Charlottenburg. Er übernahm u.a. die Vertretung der Marke Prometheus von Emil Sinell, die er mit gleicher Inbrunst und Energie wie sein Vorgänger voran trieb.
Somit wurde die Kommission für Heiz- und Kochapparate - kurz HUKA - ins Leben gerufen.
Zu den Firmenvertretern gesellte sich als unabhängiges Prüfungsorgan Prof. A.Böttcher der Präzisionsanstalten Ilmenau und Mitglied des Elektrotechnischen Vereins Thüringens, der neben den Vertretern des VDE's, Generalsekretär Dettmar und Schlesinger als Schriftführer, an der ersten Versammlung im Oktober desselben Jahres teilnimmt.
Obwohl zunächst eine Vereinheitlichung der Anschlussnormen unproblematisch erschien, da das „System Prometheus“ allseits anerkannt und teilweise bereits übernommen wurde, stellte sich schnell heraus, dass sich die Herren Fabrikanten nicht unbedingt grün waren und eine Übereinkunft weit entfernt. Auch der baldig vorgebrachte Hinweis auf ein „Prüfsiegel“ seitens des VDE ließ noch lange auf sich warten.
Die Kommission tagte im Schnitt fortan alle drei Monate an unterschiedlichen Orten und wurde von dem regen Ingenieur Ritter, der mehrere elektrotechnische Firmen vertrat, vorangetrieben. Dieser korrespondierte unentwegt und leidenschaftlich über den VDE mit den anderen Kommissionsmitgliedern (und lud diese ab 1926 in sein in Berlin-Wannsee errichtetes Haus, welches die neuesten Errungenschaften der Elektrotechnik aufwies, ein).
Fruchtbringende Ausstellungen
Die Jahresversammlung des VDE 1911 fand in München statt und wurde von einer, der im Vorjahr ähnelnden, Ausstellung begleitet, die den Titel „Elektrizität im Hause im Kleingewerbe und in der Landwirtschaft“ trug.
Dettmar erarbeitete dazu die umfangreiche Veröffentlichung mit dem Titel „Elektrizität im Hause - In ihrer Anwendung und Wirtschaftlichkeit dargestellt“, die eingehend über das Thema elektrisches Kochen und Heizen den zu werbenden Kunden informiert.
AEG Direktor und HUKA Kommissionsmitglied Steinhardt verfasste zudem noch einen umfangreichen Aufsatz mit dem Titel „Elektrische Heiz- und Kochapparate“, der in den Septemberausgaben der ETZ veröffentlicht wurde und die Produkte aus eigener Herstellung in den Vordergrund stellte.
Im gleichen Monat wurden vierwöchige Expositionen zum Sujet im Londoner Messegelände Olympia, wo die National Electric Manufacturers' Association bereits 1905 eine erfolgreiche Schau zeigte, und in der Kölner Gewerbeförderungsanstalt eingerichtet.
Die Elektrizitätswerke Hannover zeigten ab August unter dem Motto „Elektrizität im Haushalt“ die neuesten Heiz- und Kochapparate.
Im November folgend dann die Städtischen- zusammen mit den Westfälisch Verbands-Elektrizitätswerken (später VEW) in Dortmund, die für die Verwertung des maßgeblich für die Industrien des Ruhrgebietes seit langem erzeugten Stromes sorgten.
Anfang Dezember gab es noch eine kleine Schau im Stuttgarter Landesgewerbemuseum.
Am 02. Dezember des Jahres 1911 wurde von Gustav Siegel bei einer Festsitzung des Elektrotechnischen Vereins Berlin ein Vortrag gehalten mit dem Thema “Die Elektrizität als Kulturfaktor - Mit besonderer Berücksichtigung der Elektrizität im Haushalt”. Siegel umschreibt nach vorheriger Nennung der übrigen Errungenschaften der Verbreitung und Anwendung des elektrischen Stromes, in sehr bildlicher Art und Weise den Nutzen der Elektrifizierung des Haushaltes. Vor seinem geistigen Auge durchwandert an einem Tage die Räumlichkeiten eines „elektrischen Hauses“ und lobt dabei umfassend die neuen elektrischen Apparaturen. Er beginnt „Schon am frühen Morgen meldet sich das jüngste und wichtigste Glied der Familie, seine Majestät das Baby [...]“. Der Abdruck des Vortrages ist zudem reich bebildert worden, was ihn zu einem bedeutenden Zeitdokument macht.
Im Jahre 1912 setzte sich die Begeisterung für das neue erkannte Feld durch die umfangreiche Schau in Nürnberg unter dem Titel „Elektrische Ausstellung für Gewerbe, Haushalt und Landwirtschaft“ in der Festhalle des Luitpoldhains fort. Parallel dazu wurde wieder in Leipzig, diesmal auf 30.000qm, unter fast identischem Namen die Neuigkeiten der Elektrotechnik gezeigt. Dieses geschah begleitend zur Jahresversammlung des VDE.
Im selben Jahr wurde in Berlin ein „Industrie-Museum“ in der Technischen Hochschule eröffnet, welches drei Jahre zuvor angedacht worden ist. In der elektrotechnischen Abteilung stellten u.a. die AEG, Mix & Genest, BBC und Siemens-Schuckertwerke Exponate zur Verfügung. Ich gehe davon aus, dass dies die Berliner Antwort auf das 1903 von Oskar von Miller vorgestellte "Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik", heutiges "Deutsches Museum" in München.